Herausforderung: Pumpensteuerung leicht gemacht
Der Prozess der Automatisierung von Förderpumpen in Wasserwerken stellt erhebliche Anforderungen an die Mess- und Regeltechnik. Heute implementieren Systemhersteller komplexe Automatisierungskonzepte meist auf der Basis von SPSen. Dazu ist umfangreiches Expertenwissen und ein gutes Verständnis komplexer, SPS-spezifischer Programmiersprachen erforderlich. Die Hauptziele sind die kosteneffiziente Schaffung einer geeigneten Anlage, ihr reibungsloser und störungsfreier Betrieb, langfristige Wartung und die Fähigkeit, die Anlage schrittweise zu erweitern und nachzurüsten. Gegenwärtig ist jedoch der Trend zu beobachten, dass sowohl die Systemhersteller als auch die Betreiber die Wartung der implementierten Anlagen zunehmend an lokale Elektrounternehmen delegieren. Das verkürzt die Reaktionszeiten und setzt Kapazitäten für die Systemhersteller frei. Allerdings stellen die hochkomplexen SPS-gestützten Automatisierungskonzepte an dieser Stelle ein potenzielles Hindernis dar: Die für ihre Aufrechterhaltung erforderliche Kontrollkompetenz schränkt die Auswahl geeigneter lokaler Elektrounternehmen ein.
Flexibles, dezentrales Automatisierungskonzept
Eine Alternative zur Automatisierung der Pumpensteuerung mit Hilfe von SPSen ist der Einsatz von Steuerrelais wie dem easyE4 von Eaton. Ein solches Automatisierungskonzept erfüllt die wesentlichen Anforderungen an die Pumpensteuerung: Die kontinuierliche Verfügbarkeit der Anlage und ihrer Installationen über einen langen Zeitraum. Zudem kann das flexible, dezentrale Konzept auch von einem lokalen Elektrounternehmen umgesetzt oder gewartet werden.
Modellanwendung mit drei Förderpumpen
Um die Durchführbarkeit eines solchen Steuerungskonzepts zu veranschaulichen, wurde die Automatisierung einer modellbasierten Anwendung mit dem easyE4 entwickelt.
Darüber hinaus sollte die Anlage im Hinblick auf ihr Energiemanagement optimiert werden. Zu diesem Zweck sollten die Pumpen in erster Linie nur in Zeiten niedriger Energietarife eingeschaltet werden; gleichzeitig sollte eine Leistungsgrenze für den Verbrauch elektrischer Energie im Pumpbetrieb nicht überschritten werden. Und schließlich müssen die Hochbehälter jederzeit ausreichend gefüllt sein.
Auf der Grundlage dieser konkurrierenden Anforderungen wurden spezielle Anwender-Funktionsbausteine für die Modellanwendung entwickelt. Da diese das Wissen der Experten eines Unternehmens in realen Szenarien repräsentieren, sind sie passwortgeschützt, um den Zugriff Dritter auf die gespeicherten Parameter zu verhindern. Die Möglichkeit, die Anwender-Funktionsbausteine mit der leistungsfähigen Programmiersprache „strukturierter Text" im Falle der easyE4 zu entwickeln, bedeutet, dass die Implementierung noch komplexerer Funktionen problemlos möglich ist.
In der Modellanwendung werden jedoch die Möglichkeiten moderner Automatisierungskomponenten vollständig genutzt: Zahlreiche Parameter aus dem Eaton DG1 Frequenzumrichter und dem Steuerrelais easyE4 können über das Modbus TCP-Netzwerk übernommen, ausgewertet und protokolliert werden. Anlaufprobleme, eine elektrische Leistungserhöhung bei gleicher Pumpleistung der Pumpen oder asymmetrische Größen wie Spannung, Strom, Kosinus , etc. werden bereits in einem sehr frühen Stadium erkannt. Dies wiederum gibt Hinweise auf den zukünftigen Wartungs- oder Servicebedarf. Dadurch ist eine vorbeugende Wartung möglich.
Schnelle Programmierung von benutzerdefinierten Funktionsbausteinen
Kontaktplan, Funktionsblockdiagramme und strukturierter Text wurden für die Programmierung im Projekt parallel angewendet. Die Möglichkeit, benutzerdefinierte Unterroutinen in diesen Sprachen zu erstellen, unterstützt die allgemeine Modularität des Konzepts. Strukturierter Text bietet diesen selbstgeschriebenen Benutzerfunktionsbausteinen ähnliche Möglichkeiten wie die Herstellerbausteine der easySoft 7. Damit kann der Anwender direkt aus dem easyE4 heraus ein Regelsystem für den Wasserbereich mit eigenen, geschützten Funktionsbausteinen für das Pumpenmanagement, die Laufzeitüberwachung und speziellen Modulen für die Linearisierung von Messwerten und vieles mehr erstellen. In der Modellanwendung kann das gesamte Konzept durch entsprechende Module, einschließlich Pumpensteuerung, Pumpenmanagement und Schiebereglerregelung mit den entsprechenden Überwachungsfunktionen, umgesetzt werden.
Erkennung des Schiebereglerzustands
Ein weiteres wichtiges Merkmal der Hochbehälter sind die Schieber, die den Wassereinlass ermöglichen und einen unerwünschten Rückfluss verhindern. Diese Schieber müssen zuverlässig funktionieren, und der Status offen oder geschlossen muss korrekt erfasst und an das Pumpensteuerungssystem übertragen werden. Hierzu wird die Laufzeit, die auf der Zeit für das Öffnen oder Schließen basiert, aufgezeichnet und die korrekte Signalisierungssequenz überwacht. Darüber hinaus wird die Zustandsänderung auch dann erkannt, wenn der elektrische Antrieb nicht in Betrieb ist. Das bedeutet, dass der Schieberblock auch erkennt, wenn der Schieber manuell geändert wurde. Die Signalisierung wird so angeschlossen, dass ein möglicher Drahtbruch, Querschluss oder Kurzschluss in einer Sensorverbindung erkannt wird. Die Messung der Stromaufnahme und der Laufzeit des Läuferantriebs liefert auch Hinweise auf mechanische Probleme in der Anlage oder auf Fehler, die bei der Kalibrierung des Sensorsystems entstehen.
Pumpenmanagement mit einer Vielzahl von Parametern
Um ein hohes Maß an Verfügbarkeit zu gewährleisten, werden Versorgungsunternehmen in der Regel mit mehreren Förderpumpen ausgestattet, die zusammen die erforderliche Fördermenge überschreiten. Auf diese Weise können eine oder mehrere Pumpen jederzeit in Reserve gehalten werden, falls eine Pumpe gewartet oder ausgetauscht werden muss. In der Vergangenheit diente das Pumpenmanagement lediglich dazu, die Laufzeit jeder einzelnen Pumpe zu erfassen und immer dann, wenn ein erhöhter Behälter gefüllt werden musste, die Pumpe mit der geringsten Laufzeit zu betätigen. Die Pumpe wurde gewartet, sobald eine bestimmte, voreingestellte Pumpenlaufzeit erreicht war.
Netzwerke verbinden und ermöglichen die Dezentralisierung. Bis zu 8 Clients können mit easyNet verbunden werden.
Umfassendes Netzwerk mit vielen Möglichkeiten
Das für die Modellanwendung entwickelte neue Steuerungskonzept basiert auf dem Eaton easyE4 Steuerrelais. Dank der leistungsfähigen Kommunikationsnetzwerke Modbus TCP und easyNet und der umfangreichen Möglichkeiten zur Erweiterung der Ein-/Ausgabe-Ebene kann das Steuerrelais easyE4 auch in Projekten eingesetzt werden, für die sonst eine SPS erforderlich gewesen wäre. Der Vorteil ist, dass trotz der umfangreichen Anwendungsmöglichkeiten die Inbetriebnahme ohne Software-Spezialisten durchgeführt werden kann. Dank skalierbarer Visualisierungskonzepte ist es auch möglich, die Betriebsebene der Anlage an aktuelle Anforderungen anzupassen. Die Optionen reichen von einem kostengünstigen Touchpanel bis hin zu einer leistungsstarken Multifunktionsanzeige und Steuereinheit.
Erweiterbare Anzahl von Eingängen/Ausgängen
Das Pumpensteuerungssystem sowie die erforderlichen Parameterkonfigurationen und Einstellungen für die analogen Ein-/Ausgänge können mit Hilfe der grafischen Programmiersprachen Kontaktplan oder Funktionsbausteindiagramm eingerichtet werden. Selbst beim Aufbau größerer Anlagen stößt die easyE4 selten an ihre Grenzen - bis zu 11 lokale Nebenstellen können angeschlossen werden, von denen jede über digitale oder analoge Ein-/Ausgänge verfügen kann. Gleichzeitig können bis zu acht auf diese Weise erweiterte easyE4-Steuerungssysteme transparent über easyNet Daten austauschen. Diese Eigenschaft ermöglichte es insbesondere, die Sensoren und Aktoren lokal im Steuerungskonzept für die Modellanwendung anzuschließen, so dass überall genügend Ein-/Ausgänge zur Verfügung stehen.
Informationen über die Datenerfassung für anstehende Wartungsarbeiten
Die Aufzeichnung der Mess-, Betriebs- und Laufdaten eines gesteuerten Geräts kann frühzeitig Hinweise auf bevorstehende Service- oder Wartungsanforderungen geben. Eines der kritischen Elemente eines Frisch- oder Abwassersystems sind die Förderpumpen in Verbindung mit den zugehörigen Schiebern und Ventilen. Neben den Betriebsstunden können auch die aktuellen Messdaten der Pumpen, die Zeit für das Öffnen und Schließen der Schieber und deren Veränderungen Hinweise auf anstehende Wartungsarbeiten geben. Bedienereingriffe und Änderungen von Parametereinstellungen können ebenfalls im Datenlogger aufgezeichnet werden. Die Datenerfassung kann in jedem easyE4 durchgeführt werden. Zu diesem Zweck steht ein Herstellerfunktionsbaustein (DL01) zur Verfügung, der nur noch parametriert werden muss. Die aufgezeichneten Daten können über die easySoft 7 Software ausgelesen und in Excel analysiert oder an ein Leitsystem übertragen werden.
Visualisierung ebenfalls dezentralisiert
Die Visualisierung innerhalb eines Wasserversorgungssystems wird nicht nur durch das Steuersystem, sondern auch innerhalb eines Systems - vor Ort direkt an den Pumpen, Frequenzumrichtern, Überwachungsgeräten, Aktoren und Sensoren - realisiert. Die Möglichkeiten sind vielfältig und skalierbar und reichen von einem einfachen LED-Display über das integrierte Display easyE4 bis hin zum kostengünstigen Touchpanel der easyE4-Gerätefamilie. Multifuktionsanzeigen lassen sich auch für größere Einrichtungen leicht integrieren. Auf Knopfdruck können so die Daten des entsprechenden Frequenzumrichters an einer Pumpe zusammen mit dem aufgezeichneten Nenndurchfluss der Zähler und dem Status oder Füllstand der angeschlossenen Hochbehälter angezeigt werden. Dies kann in digitaler Form, in Farbe und unter Verwendung von grafischen Elementen wie Balkendiagrammen, Zeigerinstrumenten oder Liniendiagrammen erfolgen, je nach Gerät.
Ergebnis:
Vorteile für alle Projektteilnehmer
Das für die Modellanwendung auf Basis des easyE4 entwickelte Konzept bietet Vorteile für alle an der Planung und dem Betrieb eines Wasserversorgungssystems beteiligten Parteien: Die Modularisierung bietet Ingenieurbüros eine gute Grundlage für Ausschreibungen, Installationsfirmen können dank des dezentralen Konzepts die Verkabelungskosten reduzieren, und die Implementierungszeiten werden durch die gleichzeitige modulare Installation und Inbetriebnahme verkürzt. Durch den einfachen Aufbau und die einfache Programmierung und Parametrierung der Steuerrelais easyE4 können lokale Elektrounternehmen die Wartung und spätere Erweiterungen problemlos durchführen. Schließlich wird die langfristige Flexibilität und Verfügbarkeit der Anlage für den Investor und Betreiber sichergestellt.
Hintergrund:
Die Musteranwendung wurde von Ulrich Kanngießer für Eaton entwickelt. Ulrich Kanngießer ist freiberuflicher Fachautor und Seminaranbieter. Seine Arbeit konzentriert sich seit mehr als 30 Jahren auf die Welt der Automatisierung. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Beratung, Programmierung und Inbetriebnahme, hat Fachartikel veröffentlicht (u.a. zum Thema Wasserver- und -entsorgung) und hat Workshops für verschiedene Steuerungssysteme bei verschiedenen Herstellern durchgeführt.