Carina Beermann, Senior Engineer Marketing & Sales Produktmanagement bei Eaton
Carina Beermann ist Produktmanagerin für Energy Transition bei Eaton. Davor war sie im Bereich Antriebstechnik, Nieder- und Mittelspannungsschalttechnik tätig. Sie hält einen Master of Engineering in Elektrische Energiesysteme und einen Master of Science in Technologie- und Innovationsmanagement.
Der Artikel wurde in angepasster Form von einem Paper übernommen, das von Carina Beermann bei der CIRED Conference in Portugal 2022 veröffentlicht wurde.
Die Herausforderung, vor der die E-Mobilität steht, ist den Anwendern die Angst vor der neuen Technologie zu nehmen. Dazu gehören Unsicherheiten bei der Reichweite der Fahrzeuge, nicht genügend Lademöglichkeiten/ zu viele Nutzer an einem Ladepunkt, lange Standzeiten an Ladepunkten und der Ausbau der Ladeinfrastruktur.
Es stellt sich daher die Frage, wie das Problem angegangen werden kann. Zum einen müssen transparente und belegbare Fakten zu den Themen Reichweite und Versorgungssicherheit aufgezeigt werden und zum anderen können durch finanzielle Anreize und Fördermaßnahmen nach und nach die Gewohnheiten zugunsten der Elektromobilität beeinflusst werden. Solange die Technologie auch für Laien transparent und verständlich aus mehreren Blickwinkeln und vor allem aus Endnutzersicht dargestellt wird, kann der Gesellschaft die Sorge vor dem Umstieg auf die E-Mobilität Stück für Stück genommen werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge, die mit einem Verbrennungsmotor und einem Elektromotor betrieben werden. Diese Lösung biete auf der einen Seite das Ausprobieren der Elektromobilität und auf der anderen Seite noch die „Sicherheit“ aus der Gewohnheit der letzten Jahrzehnte.
Ferner werden konventionelle Treibstoffe wie Diesel oder Benzin zukünftig immer teurer werden (CO2-Steuer), dass es einen indirekten Zwang gibt auf Elektroautos umzusteigen. Auch die Automobilindustrie ist dazu angehalten, zukünftig keine Verbrenner mehr zu produzieren, sondern auf eine Übergangslösung mit Plug-In-Hybrid-EV und schlussendlich auf reine Elektroautos zu setzen.
Der Ausbau der Strom- und der Ladeinfrastruktur ist Teil der Lösung für die Geschäftsmodelle im E-Mobilitätssektor. Nur die Gewichtung der unterschiedlichen Anwendungsfälle wird sich in den nächsten ein bis drei Jahren herauskristallisieren, wenn sich mehr und mehr elektrisch betriebene Fahrzeuge auf den Straßen bewegen.[1]
Heutzutage gibt es mehrere Möglichkeiten Wallboxen und Ladestationen an unterschiedlichen Orten aufzustellen. Die Installation von Wallboxen erfolgt hauptsächlich zu Hause und am Arbeitsplatz; Ladestationen hingegen werden an Straßen, Supermärkten, Shopping Malls oder öffentlichen Gebäuden, sowie an Autobahnraststätten oder generell an Autobahnparkplätzen installiert. Bei dem Anbringen von Wallboxen und Aufstellen von Ladestationen gibt es gewisse Herausforderungen, die in bestehenden Infrastrukturen entstehen. Darunter zählen die Sanierungs- und Renovierungsarbeiten die durch das Legen neuer Stromkabel und Leitungen sowie Datenkabel anfallen. Zusätzlich können Arbeiten wie zum Beispiel das Installieren von neuen Trafos und Stromleitungen notwendig sein.
Zuhause
Die Möglichkeit sein Elektroauto zuhause zu laden sind sehr vielfältig: Über die Haushaltsteckdose, eine Starkstromsteckdose oder auch eine Wallbox. Je nachdem wie die Infrastruktur des Hauses ist, kann zwischen unterschiedlichen Varianten gewählt werden. Die Wallbox beinhaltet viele Sicherheitsaspekte wie zum Beispiel Gleichstromfehlerschutz, Wechselstromfehlerschutz oder auch Überlastschutz (thermisch), wodurch das Fahrzeug wie auch das Haus geschützt werden. Die Leistung der AC-Wallboxen ist zwischen 3,7 kW und 22 kW je nach Anschlussmöglichkeit gegeben, durch die lange Standzeit (häufig über Nacht) ist es ausreichend, wenn kleinere Leistungen zur Verfügung stehen.
Am Arbeitsplatz
Bei der Arbeit sind AC - und DC-Ladepunkte aufgestellt, da Mitarbeiter des Öfteren länger als acht Stunden vor Ort stehen (Nutzung der AC-Stationen), aber Kunden hingegen kurz zu Besuch sind und nach ein paar Stunden wieder die Rückreise antreten (Nutzung der DC-Ladesäulen). Die DC-Stationen bieten eine viel kürzere Ladedauer durch die Kapazität, die zur Verfügung steht. Leistungen von 11 kW bis 22 kW bei AC und von ca. 20 kW bis 80 kW bei DC sind in der Regel die Standard Modelle, da der Aufwand für die Herstellung der Infrastruktur im Verhältnis zum Aufstellen eines Hyper-Charger geringer sind. Die vorhandenen Stromleitungen können weiterverwendet werden und der Stromkasten benötigt nur minimale Erweiterung bei der Schutzeinrichtung.
Am Zielort
An öffentlichen Orten wie Supermärkten, Krankenhäusern, Shopping-Zentren, Fitnessstudios, Restaurants oder an Freizeiteinrichtungen gibt es eine hohe Nachfrage für das Laden von E-Fahrzeugen. Die Infrastruktur ist dort so ähnlich aufgebaut wie die am Arbeitsplatz; Wechselstrom- wie auch Gleichstromladepunkte finden auch dort ihre Berechtigung. Hauptsächlich kommen jedoch DC-Ladepunkte zum Einsatz, da die Ladeleistung im öffentlichen Bereich höher sein soll, denn die Besucher machen vergleichsweise einen größeren Anteil an Endnutzer aus.
Die Besucher nutzen die Gleichstromladepunkte, da dort ein viel schnelleres Laden möglich ist, wohingegen die Mitarbeiter der öffentlichen Orte länger als acht Stunden Standzeit haben und auf geringere Leistungen zurückgreifen können.
On-The-Go
Strom-Tankstellen und Ladeparks stellen den Elektroautofahrern DC-Charger bzw. Hyper-Charger zur Verfügung um möglichst zeiteffizient ihr Fahrzeug zu laden und die Fahrt weiter fortsetzen zu können. Manchmal wird die angegebene Maximalleistung auf Grund der hohen Auslastung nicht erreicht, aber für ein schnelleres Laden als zu Hause reicht es alle Male.
Zuhause
Das Laden der Elektroautos zu Hause erfolgt hauptsächlich über die Wallboxen, die zum Beispiel in Deutschland mit Hilfe von Kaufanreizen durch Förderungen beworben werden. Auch Stromanbieter stellen ihren Kunden die Installation eines Ladepunktes zur Verfügung, häufig werden zusätzlich mit Strompreisvorteilen für den Endnutzer geworben; denn wenn der Endverbraucher den Strom bei seinem ortsansässigen Stromanbieter für das Laden von Elektrofahrzeugen bezieht, werden extra vergünstigte Tarife angeboten. Es gibt mehrere Möglichkeiten, mit denen die Europäische Union bzw. die Mitgliedstaaten Anreize schaffen.
Am Arbeitsplatz
Für das Laden am Arbeitsplatz gibt es mehrere Kombinationen, die auftreten können. Die Mitarbeiter eines Unternehmens haben teilweise die Möglichkeit ihre E-Fahrzeug beim Arbeitgeber zu laden, allerdings ist es dem Arbeitgeber freigestellt ob er das entgeltlich oder kostenfrei tun möchte. Hierfür gibt es im Großen und Ganzen drei Szenarien, die infrage kommen können. Private Elektroautos können bei der Arbeit geladen werden. Erfolgt das Laden kostenlos, können ganz „normale“ Wallboxen aufgestellt werden. Erhebt der Arbeitgeber allerdings für das Laden von privaten Elektrofahrzeugen eine Gebühr muss es sich um eine MID-fähige Wallbox handeln.
Desweiteren können Flottenfahrzeuge, die dienstlich genutzt werden vor Ort beim Arbeitgeber zum Beispiel über eine RFID-Karte freigeschaltet werden und kostenfrei laden. Hier ist ein hauptsächlich von Interesse, wenn die Wallboxen über separate Stromzähler (wie bei einer MID-fähigen Wallbox oder mess- und eichrechtkonformen Wallbox) verfügt, damit die Verbräuche auf die einzelnen Autos umgeschlüsselt werden können. Damit kann nachverfolgt werden, wie viel CO2-Einsparungen bei dem Vergleich von Verbrennermotor und elektrischem Motor anfallen. Somit wird der CO2-Fußabdruck der Unternehmen minimiert und die Betriebskosten gesenkt, da keine CO2-Zertifikate für die Flotte gekauft werden muss.
Dienstfahrzeuge, die beim Arbeitgeber und zuhause geladen werden, werden ähnlich wie die Flottenfahrzeuge behandelt. Das heißt, dass das Laden bei der Arbeit kostenfrei ist und die Freischaltung über die Tankkarten/ RFID-Karten erfolgt. Für unterwegs sind Verträge mit E-Mobility Service Providern und Charge Point Operator angeschlossen, damit die Nutzer der Dienstfahrzeuge auch dort die Möglichkeit haben, ohne große Umstände zu laden. Für zu Hause kann, aber muss der Arbeitgeber keine Wallbox zur Verfügung stellen, das ist jedem Unternehmen selbst überlassen. Allerdings muss dann eine gesetzlich vorgeschrieben Pauschale an den Arbeitnehmer gezahlt werden. [Der Umgang mit der Abrechnung ist in Deutschland wesentlich komplizierter, denn sobald man im öffentlichen Bereich laden möchte, greift das Mess- und Eichrecht (wie bei Tankstellen auch).
Am Zielort
An öffentlichen Orten wie Supermärkten, Krankenhäusern, Shopping Malls, Fitnessstudios, Restaurants oder an Freizeiteinrichtungen gibt es eine Nachfrage für das Laden von E-Fahrzeugen. An all diesen Standorten gibt es unterschiedliche Modelle für die Abrechnung und Anreize zum Laden. Erstmal muss festgehalten werden, dass alle im öffentlichen Bereich aufgestellten Ladepunkte, die entgeltlich sind, mess- und eichrechtkonform sein müssen. Kostenfreies Laden kann mit einer „normalen“ Ladesäule erfolgen. Weiterhin können auf Parkplätzen in der Stadt (parkgebührpflichtig), in Parkhäusern oder anderen Bereichen, die für das Laden vorgesehen sind, Kosten entstehen. Diese fallen nicht nur durch das Laden an, sondern auch durch eine Parkgebühr oder durch eine Blockiergebühr. Die Höhe der Blockiergebühr kann der Ladesäulenbetreiber selber festlegen; sobald ein Auto vollgeladen ist, gibt es eine Karenzzeit, bis das Auto als „blockierend“ gewertet wird und Kosten anfallen. In der Zeit, in der das vollgeladene Auto nämlich den Parkplatz belegt, könnten auch andere Nutzer ihr Auto laden wollen und der Betreiber könnte weiterhin Gewinne durch die Nutzung erzielen.
Fitnessstudios haben die Chance durch günstigere Strompreise für Ihren Mitglieder attraktiver zu werden und anderen Studios gegenüber den Vorteil zu haben mehr Mitglieder zu gewinnen.
Restaurants, die Parkplätze für ihre Kunden oder auch öffentlich zugänglich bieten, können unterschiedliche Preismodelle führen. Für den Kunden gibt es zum Beispiel Rabatte auf den Ladevorgang oder es müssen keine Parkgebühren gezahlt werden.
An Supermärkten werden Anreize zum Einkaufen geschaffen, indem es zum Beispiel Freiminuten bei dem Ladepunkt gibt oder Rabatte nach einem bestimmten Einkaufwert im Supermarkt gewährleistet werden.
Es gibt die unterschiedlichsten Modelle, die Ladepunktbetreiber anwenden können, um Anreize für die Elektromobilität zu schaffen.
On-The-Go
Das Laden an Strom-Tankstellen oder in Ladeparks gibt den Nutzer überwiegend die Möglichkeit von schnellen Ladevorgängen, da die Leistung der dort aufgebauten Stationen größer dimensioniert ist. Das heißt die Investitionen, die getätigt worden sind um die Infrastruktur aufzubauen, sind höher ausgefallen und sollten für die Betreiber schnell wieder reingeholt werden, damit Gewinne erzielt werden können. Die Anregung, die Ladepunkte (überwiegend Hyper-Charger) zu verwenden, versteht sich bei Langstreckenfahrten von selbst, denn der Fahrer möchte möglichst kurze Standzeiten haben, um die Fahrt zum Zielort weiter aufzunehmen, dafür zahlt der Verbraucher erhöhte Preise.
Referenzen:
[1] Gerardo Zarazua de Rubens, Lance Noel, Johannes Kester, Benjamin K. Sovacool, ISSN 0360-5442, https://doi.org/10.1016/j.energy.2019.116841. Volume 194, (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0360544219325368).